Ich war jetzt auch in
Cloud Atlas und möchte mich erst mal bei Latiro für die Empfehlung bedanken! Das hat sicher dazu beigetragen, dass ich schneller als geplant in den Film gegangen bin, da ich ehrlich gesagt ein wenig Angst hatte, enttäuscht zu werden. Was ich über den Film, seine Struktur und seine Ambitionen vorher erfahren hatte, deckte sich ziemlich mit dem, was ich mir von der großen Leinwand erhoffe.
Und ich kann nur zustimmen: Der Film ist großartig, die Schauspieler sind überzeugend, die Inszenierung ist gewaltig und berührend, die Grenzen von Genres werden gesprengt und etwas Eigenes, Besonderes daraus gemacht. Ich kann
Cloud Atlas ebenfalls nur empfehlen, man bekommt so einen Film nicht alle Tage zu sehen!!
Es geht in diesem Thread ja um Cloud Atlas, und die Empfehlung ist ausgesprochen, deshalb werde ich nicht den ganzen Rest in einen Spoilerkasten schieben – also bitte erst nach dem Anschauen weiterlesen!
Ich bin mir sicher, dass ich den Film noch mehrmals anschauen werde, weil es mit Sicherheit noch viele Verbindungen zwischen den einzelnen Zeitebenen und Personen zu entdecken gibt – und weil ich mich auf eine Wiederholung der emotionalen „Reise“ bis zum Ende des Films hin freue.
Ich wundere mich über das, was manche Filmkritiker über
Cloud Atlas schreiben. Zu denen, die den Film so „verwirrend“ finden, fällt mir eigentlich gar nichts ein. Was machen diese Leute – Filmkritiker wohlgemerkt! -, wenn sie mit Filmen wie z. B.
Eraserhead konfrontiert werden?

Und: Wo waren diese Kritiker in den letzten Jahren, haben sie auch mal die eine oder andere TV-Serie gesehen? (Dazu unten mehr.)
Viele Kritiker bemängeln, dass der Film zu ambitioniert sei, dass er sich an seinem Thema verhoben habe. Klar,
Cloud Atlas ist ambitioniert, es geht letztendlich um das Leben, das Universum und den ganzen Rest. Aber das ist kein Gewicht, das man mal eben stemmt, sondern ein Gebirge, aus dem auch die größten Kunstwerke nur kleine Splitter der Erkenntnis herausschlagen können. Statt sich zu freuen, dass auf der großen Leinwand mal wieder ein Projekt so ambitioniert daherkommt … ja, worauf warten diese Kritiker? Auf den Film, der alles beantwortet, damit man danach diesen ganzen Philosophie-Laden dichtmachen kann?
Meine eigene Kritik an dem Film – und die habe ich trotz aller Begeisterung – geht eher in Richtung des Formats (mal abgesehen von der Tatsache, dass ich es gerne gesehen hätte, wenn die 2012-Handlung mit ihrem Humor und ihren grotesken Elementen den Coen-Brüdern oder David Lynch überlassen worden wäre

). Ich freue mich über die Bildgewalt auf der großen Leinwand, aber ist das Kino noch der richtige Ort für solche Erzählungen? Hätte ich die Charaktere lieber näher in Episoden zu 45 Minuten kennengelernt (gerne auch schon die Zeitebenen vermengend, ich meine nicht, dass sie wie im Buch getrennt werden sollen!), um erst nach einiger Zeit eine Ahnung von der Verbindung dieser Geschichten zu erhalten? Eher nicht, man kann nicht alles in ein Serienformat packen. Trotzdem – gerade seit
Battlestar Galactica und
LOST warte ich auf Filme, die mich im Kino so wie diese Serien packen können. Ich sehe die erzählerische Struktur von
Cloud Atlas auch als eine sehr gelungene Reaktion auf das, was im Serienbereich schon seit Jahren an Maßstäben gesetzt wird.
Allerdings leidet gerade ein Element, das mir sehr wichtig ist, unter dem Zwang, so viel in so wenig Zeit erzählen zu müssen: die Musik. Eigentlich spielt sie eine zentrale Rolle in der Geschichte, doch sie konnte sich meiner Meinung nach nur in der Schlussphase wirklich entfalten – vorher seltsamerweise nur in gerade den Sequenzen, in denen die Zeitebenen sehr schnell ineinander geschnitten wurden, meist zusammen mit den Sätzen aus dem Off. In den Phasen, in denen der Film länger in einer Zeitebene verweilt, dort, wo eigentlich eine leitmotivische Entwicklung hätte stattfinden können, besaß der Soundtrack für mich sehr viel weniger an Wirkung, die Themen fanden für mich dort, trotz der langsameren Schnittfolgen, nicht genug Platz zum „atmen“. Ich kann gar nicht richtig benennen, was mir da gefehlt hat, deshalb belasse ich es dabei. Der Film verdient es sowieso, noch einmal angesehen und dann weiter bewertet zu werden.
Zwei Fragen möchte ich noch stellen: Wie weit sind Games noch von einem Werk wie
Cloud Atlas entfernt? Und was muss passieren, damit diese Lücke überwunden werden kann? Man könnte diese Fragen natürlich viel lauter an anderen Orten stellen, aber gerade in diesem Forum treffen ja viele Leute zusammen, die daran interessiert sind, Games mit mehr Tiefe zu spielen und zu entwickeln.