Der Traum der Fleischlosen - Was bedeutet Realität? [Endgame Spoiler]

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Ephine
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So, ich habe in Forgotten Stories soeben das neue Ende erlebt und wie vor 2 Jahren fühlt es sich an, als hätte mich die Läuterung auch erreicht. Da ist Leere und Sprachlosigkeit. Diese letzten 2 Stunden des Spiels sind einfach heftig, absolut genial, aber hefig und da ist so viel, worüber man nachdenken kann. Okay, mal Gedanken ordnen und in den Spoiler hier packen. :o
[+] Fleischlosigkeit und die Realitätsfrage
Der Schwarze Wächter erwähnt ganz klar, dass wir tatsächlich gleich am Anfang ertrunken sind (das fiel mir bei meinem ersten Durchgang vor 2 Jahren irgendwie nicht auf oder ist es neu? Ich weiß es nicht?!). Folglich sind wir nach den üblichen Maßstäben seit unserer Ankunft auf Enderal nicht real. Wir sind nur eine fleischlose Projektion mit unerfüllten Vorhaben. Eine rastlose Seele sozusagen. Wir sind nicht mehr wir selbst, sondern nur ein idealisiertes Abbild, das von einer fixen Idee getrieben wird: Jemand zu sein, der etwas Nützliches tut und Menschen rettet, anstatt zuzusehen, wie sie verbrennen (Familie). Es scheint als wäre tatsächlich alles, was wir auf Enderal erleben, ein Traum. Nicht umsonst heißt es doch "Alles beginnt mit den Träumen...". Träumen wir das gesamte Geschehen in der Sekunde unseres Todes, um unsere Verfehlungen zu Lebzeiten zu kompensieren/zu begleichen? Dann ist die Leiche im Tempel vielleicht wirklich unsere und Thealor liegt erfroren im Nordwindgebirge. Jetzt die Frage: Was ist real? Ist unser Spielcharakter tot? - ja. Spazieren wir als Fleischloser auf Enderal herum? - ja. Können wir durch das Traumblumenelixier das (für mich) kleinste Übel als Ende wählen? - ja. Machen wir in unserem Traum Unmengen an Erfahrungen? - ja. Spielt es also eine Rolle, ob der Spielcharakter tot ist oder Traumblumenelixier trinkt und vielleicht dabei Inception-mäßig in die nächsttiefergelegene Traumebene gelangt oder tatsächlich als Fleischloser auf Enderal rumspazieren kann, da er von der verschleierten Frau wiedererweckt wurde? Meiner Meinung nach spielt das keine Rolle. Realität ist das, was jeder von uns bewusst erlebt. Somit ist Realität auch höchst subjektiv. Realität ist für mich nicht an eine Zeitlinie, einen physischen Körper oder einen Zustand wie lebendig/tot gekoppelt. Falls unser Bewusstsein nach dem Tod weiterexistiert und unerfüllte Sehnsüchte als Traum ausleben könnte, so wäre dieser Traum ebenso real, wie das Leben davor. Der Spielcharakter durchläuft einen wichtigen Lernprozess, der für ihn bedeutsam ist. Mit "ihm" meine ich jetzt nicht den Körper oder gar Mann/Frau, Kilene/Qyraner etc., sondern sein Bewusstsein.
Umgemünzt auf unser Dasein: Wer sagt denn, dass das Leben real ist (hallo Matrix, Virtual Reality und was es nicht alles für Theorien gibt)? Vielleicht schlafen wir alle in einer höheren Dimension und träumen unser Leben. Macht dieser Umstand unsere Erlebnisse deshalb weniger real oder weniger wichtig? Ganz bestimmt nicht. Für mich zählen am Ende nur die Erfahrungen und Lernprozesse, die z.B. zu mehr Einsicht, Nächstenliebe und Verständins führen, egal wie oder wo man sie erfährt. Sorry, wenn das jetzt für einige zu spirituell rüberkommt, aber das ganze Spiel Enderal wirft doch am Ende genau diese Frage auf.
Das ist natürlich nur meine Sichtweise und damit schließe ich meinen Frieden und freue mich, dass meine Elees (= mein Char; Seele rückwärts geschrieben, aus gutem Grund :wink: ) mit Jespar in meiner Eventualität auf Qyra gelandet ist. :thumbsup:

Wie seht ihr das? Denkt ihr, der Schwarze Wächter hat recht und unser Spielcharakter ist ertrunken? Hat uns die verschleierte Frau wiederbelebt oder ist sie nur ein Trugbild: Der unerfüllte Wunsch unseres Geistes, der uns antreibt und wieder "atmen" bzw. träumen und unsere Sehnsüchte erleben lässt? Was ist Realität für euch?
P.S.: An dieser Stelle nochmals meinen herzlichsten Dank für dieses umwerfende Spielerlebnis! Es ist echt eine Schande, dass ihr das nicht kommerziell betreibt. Habe vor 2 Jahren schon mal einen kleinen Betrag gespendet und werde es nun wieder tun. Das Spiel hat für mich mehr Wert, als viele AAA Titel der letzten Jahre. Die habe ich zwar auch gerne gezockt, aber Enderal nimmt mich immer wieder auf eine emotionale Achterbahnfahrt mit, wie es noch kein anderes Videospiel geschafft hat. Ich habe auch nur ganz, ganz selten ein Spiel komplett 2x gespielt, da Lebenszeit kostbar ist und es einfach sehr viel gibt, was ich sonst noch tun will. Bei Enderal überlege ich dennoch irgendwann einen dritten Durchgang zu starten, da ich immer wieder interessante Sichtweisen für mich darin entdecke (habe beim 2. Durchgang auch noch nicht alle Nebenquests gemacht). Das sagt wohl alles :mrgreen: Danke!!! :thumbsup:
Blackstar93
Grünschnabel
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Nach ca. 80 Spielstunden habe ich Enderal nun auch das erste mal durchgespielt und ich war
einfach nur sprachlos und begeistert.

Ich schließ mich der Danksagung in dem Beitrag hier einfach mal an. Vielen, vielen Dank für
das tolle Spiel. Muss wirklich sagen, dass ich bisher noch kein Spiel mit so einer tiefsinnigen
und packenden Story gespielt habe. Einfach nur WOW! :D

Die Welt fühlt sich lebendig an, besonders Ark mit seinen Marktschreiern und dem Brooooot,
und noch in keinem Game war ich so erkundungsfreudig wie hier. Enderal brachte mich zum
lachen, weinen, staunen und auch zum hochschrecken und Glas umwerfen (Verdammter Zweigling
an der Flusshaimer Imkerei >__<) und lässt einen wirklich viel hinterfragen mit Dingen, die man auch
auf unsere heutige Gesellschaft beziehen kann. Einfach umwerfend!

Also, danke für diese tolle Erfahrung und ich wünsche dir, Nicolas und dem Team alles gute. Ihr rockt! :)
MeritAmun
Assassine
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So ich bin jetzt auch gerade in den Genuss des 3. Endes gekommen.
Mein erster Gedanke war erstmal "Hä, was ist jetzt los?" Gruselig war das mit den Leichen und plötzlich wachen wir in Qyra auf. Den orientalischen Palast da finde ich übrigens toll gestaltet. ^^ Während des letzten Dialogs mit Calia hab ich die ganze Zeit gedacht dass noch irgendwas krasses und völlig unerwartetes passiert, dass sie sich in irgendwas verwandelt, wir ausgelacht werden ob unseres Versagens oder irgend sowas in der Art. Nun ja da kam nix, aber es ließ mich trotzdem nachdenklich zurück.

Ich persönlich bin zu dem Schluss gekommen, dass unsere Leiche im Tempel tatsächlich unserer wirklicher Körper ist. Dazu gibt's hier auch genug Diskussionen. Jetzt sind wir eine Projektion unseres ursprünglichen selbst nur halt idealisiert, so wie wir immer sein wollten. Da zitiere ich den Schwarzen Wächter "... wie geschaffen dafür sich von ihrer Geißel zu befreien", also quasi mit Fähigkeiten ausgestattet ohne die wir auf jeden Fall hoffnungslos versagen würden. Wobei ich diesbezüglich noch immer nicht verstehe wie wir trotzdem da essen, trinken, schlafen und bluten können usw. das ist schon verwirrend.

Des weiteren fand ich die Szene in der Abtei gut wo man sich selbst sieht. Auch noch wie wir von hinten von irgendjemanden erledigt werden und ich mich immer noch frage, wer das gewesen sein könnte. War es irgendein Verbrecher? Oder gar jemandem dem wir vertraut haben? Auf jeden Fall war dieser Einblick in eine andere Eventualität sehr interessant, sie wirft allerdings auch die Frage auf, sind wir dort ebenfalls ein Fleischloser? Sind wir vielleicht in ALLEN anderen Eventualitäten dazu "bestimmt" ein quasi Untoter zu werden oder war das was wir da zu sehen bekamen unser wirkliches Selbst, nur dass wir dort eben dasselbe erleben? Die verschleierte Frau erläutert uns zwar die Eventualität, dass wir und unser Kumpel auf dem Schiff erst entdeckt und beide umgebracht werden, als wir uns gerade raus schleichen wollen und auch nur weil der Matrose da so stinksauer ist. Allerdings ist das nur EINE von VIELEN Eventualitäten, was heißt, dass wir in wenigstens einer dieser vielen Welten nicht erwischt werden. Es könnte aber auch sein, dass falls wir dort wirklich echt sind wir einfach nur auf Abenteuersuche dort sind und uns irgendeiner überrascht, der eher da war als wir und nicht teilen wollte oder sowas. Zumal wir dann wahrscheinlich gar nicht der auserwählte Prophet sind, denn laut dem Schwarzen Wächter sind ALLE Boten/Propheten fleischlose Geister, daher wäre die Frage an sich schon erledigt ob wir in dieser Szene echt sind oder nicht (Was erneut die Frage aufwirft, wer uns da erledigt und warum. Aber das ist wohl ein ganz anderes Thema.) und die Hohen selbst sagen einem einmal, wir hätten einfach nur ins Bild gepasst. Was wiederum heißt, es gibt dort vielleicht irgendeinen anderen Menschen der nun diese Rolle einnimmt, während wir durch die Welt wandern, Abenteuer suchen und nicht im Geringsten ahnen, was uns bevor steht und somit vielleicht einfach ein Opfer der Läuterung werden.

Die Erklärung, dass das Elixier auf Fleischlose anders wirkt erscheint mir ziemlich plausibel. Und wenn das so ist, spielt es eigentlich keine Rolle ob Yuslan einen anlügt oder nicht, indem er uns warnt es zu trinken. Denn niemand, wirklich NIEMAND, auch wir selbst bis zum Ende nicht, hat auch nur die leiseste Ahnung (die Besessenen, die sich fragen wo unser Fleisch ist und auch Konstantin, der es auf irgendeine Weise im Tempel versteht) jetzt mal davon ausgenommen), dass er es mit einem Toten zu tun hat, der nur eine Art neues "Gefäß" bekam. Man kann also annehmen, dass "normale" Menschen vielleicht wirklich einschlafen, wir aber nicht. Denn wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass, sollten wir als der Prophet, die eigentlich wichtigste Schachfigur im Spiel der Hohen, einfach einschlafen, alles ganz genauso abläuft wie als wenn wir das Elixier nicht getrunken hätten oder nur in der abgeschwächten Form? Der MC kann wenn er einschläft doch gar nicht wissen, wie was passiert, die Kriegserklärung, die Sternlingsstadt, was genau der Numinos ist usw. usf. Klar, wenn ich mich in meinen MC mal rein versetze, dann ist sein persönlich liebstes Szenario ganz eindeutig, dass er die Läuterung aufhalten wird und dann mit Calia den Rest seiner Tage glücklich wird (indem sie dann vor Coarek fliehen z. B.). Das wirft wiederum auch neue Fragen auf, u. a. hätten wir ja später festgestellt, dass mit uns was nicht stimmt, der Schwarze Wächter erwähnt ja, dass wir irgendwann merken würden, dass wir nicht altern usw. Allerdings hätten wir uns das nicht erklären können. Oder vielleicht auch doch, da wir unsere eigene Leiche gefunden hatten und einem dann doch der Gedanke kommen könnte, dass es keine Illusion war, wie wir es vermutet hatten. Aber dass wir tatsächlich spätestens nach der Einnahme des Trankes alles nur träumen, halte ich persönlich für unwahrscheinlich, eben weil durch unsere "Untoten-Natur" die genaue Wirkung eine ganz andere ist als wie es für wirklich Lebende der Fall wäre. Und dass Yuslan mit seiner Vermutung überhaupt recht hat? Er hat sich zwar damit eingehend beschäftigt und glaubt zu wissen, dass das Zeug so und so wirkt. Aber eigentlich hat er keine Beweise und es bleibt somit eine Theorie. Glaube ich jedenfalls.

Zumindest finde ich dieses 3. Ende doch sehr gelungen, auch wenn es wohl für immer im Auge des jeweiligen Spielers selbst liegt, ob alles ein Traum ist oder nicht. Und ja ich würde in dem Fall auch nicht mehr aufwachen wollen.

So nun erstmal genug geschwafelt, danke im Voraus für´s Lesen (ich sollte eigentlich schon seit ner 3/4 Stunde im Bett sein, aber diese Gedanken wollte ich noch los werden,m solange sie noch "frisch" sind XD). ^^

Kleines EDIT noch: Wenn es doch ein Traum sein sollte und wir die ganze Zeit im Rhálata-Tempel herum liegen, würde es nicht den Beteiligten, also Tealor, Calia, Jespar und Co. nicht irgendwann auffallen, weil ich plötzlich nicht mehr auffindbar bin? Theoretisch könnten oder würden sie doch jeden Stein in Ark umdrehen um mich wieder zu finden, schließlich bin ich eine zentrale Schlüsselfigur zum Kampf gegen die Hohen und irgendwann würden sie mich ja hoffentlich finden. Dann könnten sie ja versuchen irgendein Gegenmittel zu diesem Elixier herzustellen, dass mich wieder wach macht. Damit wiederum wäre das der Anfang vom Ende, weil wir ja als Spieler wissen, es WIRD passieren, egal wie, in unserer Realität führt eben kein Weg an der Läuterung vorbei. Denn die NPC´s haben ja keine Ahnung, dass gerade mit unserem eventuellen Koma die Läuterung in der Tat aufgehalten wäre, weil es keinen anderen Propheten, der das Echo hören und lesen kann, gibt. Und das führt auch wieder zu neuen Fragen und Vermutungen, da die Leute ja trotzdem alles Mögliche versuchen werden, die Läuterung aufzuhalten, unwissend darüber, dass sie mit meinem Einschlafen bereits verhindert IST.
Und was mir auch noch einfällt, angenommen wir sind wirklich mit unserer/unserem Geliebten in Qyra, dann hätten wir ja in der Tat noch die Chance zu verhindern, dass alles von vorne los geht, denn wer den Enddialog des Selbstopferungs-Endes kennt weiß, dass es Gerüchte über ein 2. Leuchtfeuer gibt. Dann könnten wir den dortigen Boten - denn ich halte Tealors Behauptung für sehr wahrscheinlich, dass es noch andere Boten gibt, was ja quasi Voraussetzung für den Bau des Leuchtfeuers ist, kein "Normalo" hätte nen Plan, was er tun soll - ja theoretisch die Wahrheit sagen (auch über sie selbst) und voraus gesetzt sie glauben uns, wäre unsere Realität in der wir trotz allem überlebt haben auch diejenige (falls es nicht sogar noch eine weitere Solche gibt), in der die Hohen endgültig besiegt werden (könnten). Aber wie gesagt, das wäre nur dann der Fall, wenn wir NICHT alles nur träumen. Und da ich persönlich nicht glaube, dass wir das tun, ist dieses Ende durchaus als eine reale Möglichkeit zu betrachten.
MeritAmun
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24.03.2019 21:49MeritAmun hat geschrieben:

Des weiteren fand ich die Szene in der Abtei gut wo man sich selbst sieht. Auch noch wie wir von hinten von irgendjemanden erledigt werden und ich mich immer noch frage, wer das gewesen sein könnte. War es irgendein Verbrecher? Oder gar jemandem dem wir vertraut haben? Auf jeden Fall war dieser Einblick in eine andere Eventualität sehr interessant, sie wirft allerdings auch die Frage auf, sind wir dort ebenfalls ein Fleischloser? Sind wir vielleicht in ALLEN anderen Eventualitäten dazu "bestimmt" ein quasi Untoter zu werden oder war das was wir da zu sehen bekamen unser wirkliches Selbst, nur dass wir dort eben dasselbe erleben? Die verschleierte Frau erläutert uns zwar die Eventualität, dass wir und unser Kumpel auf dem Schiff erst entdeckt und beide umgebracht werden, als wir uns gerade raus schleichen wollen und auch nur weil der Matrose da so stinksauer ist. Allerdings ist das nur EINE von VIELEN Eventualitäten, was heißt, dass wir in wenigstens einer dieser vielen Welten nicht erwischt werden. Es könnte aber auch sein, dass falls wir dort wirklich echt sind wir einfach nur auf Abenteuersuche dort sind und uns irgendeiner überrascht, der eher da war als wir und nicht teilen wollte oder sowas. Zumal wir dann wahrscheinlich gar nicht der auserwählte Prophet sind, denn laut dem Schwarzen Wächter sind ALLE Boten/Propheten fleischlose Geister, daher wäre die Frage an sich schon erledigt ob wir in dieser Szene echt sind oder nicht (Was erneut die Frage aufwirft, wer uns da erledigt und warum. Aber das ist wohl ein ganz anderes Thema.)
Ich zitiere mich mal selber. Da diese Szene mir einfach keine Ruhe gelassen hat , hab ich jetzt mal genauer hin geschaut und es noch mal gemacht. Und mir zumindest eine Frage selbst beantwortet. Es handelt sich
[+] Abtei
um den "Attentäter" um einen Sonnengeborenen.
Also entweder hat mein anderes Ich da jemanden übersehen oder er/ich war einfach verdammt unvorsichtig um sich so einfach hinterrücks erschießen zu lassen. Das ist ja schon peinlich, angesichts meiner Fähigkeiten. :dumb: Was aber immer noch nicht zu 100% die Frage klärt, warum ich in dieser anderen Realität und ob ich im Auftrag oder aus Abenteuerlust und Neugier dort bin und ob ich da gänzlich alleine bin. Und auch nicht ob ich dort der Prophet bin, also ein Fleischloser, oder nicht. Denn auch ein Fleischloser - zumindest im Kampf, also ein eher unnatürlicher Tod - kann ja letztlich (erneut) sterben (sonst wäre in dem Fall ja kein neu-laden anstehen würde. XD). Jedenfalls glaube ich, dass es so ist, sonst wäre ja das Opferungs-Ende unlogisch wenn wir gänzlich unsterblich sein würden. Ich schätze, da kann sich jeder selber die ihm liebste Möglichkeit raussuchen.
Ist jedenfalls schon irgendwie krass, sich selber da zuzusehen, sich zu fragen was mache ich in dieser anderen Realität hier und dann auch noch zu sehen, wie einfach ich dort erledigt werde und nicht zu wissen welche Folgen das für diese Realität haben wird. Also dann doch lieber das alternative (Traum?-)Ende.
Iskar
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Nachdem ich Zeit hatte die letzten Ereignisse des Hauptquests in Ruhe zu durchdenken, ein paar Gedanken zur "Wirklichkeit" des Erlebten im Allgemeinen und des Propheten im Speziellen.

Zuallererst muss ich bemerken, dass vieles von dem, was der Black Guardian sagt, mich in meiner narrativen Interpretation des ganzen bestärkt (Siehe "Das vierte Ende"): Er nennt sich eine "Observer of the Game" und spricht vom Zyklus als einem "cosmic game", von dem er nicht wisse, weshalb die Veiled Woman es gestarte habe. Ebenso wenig kann er sich erklären, weshalb sie ihr übliches Muster diesmal durchbricht und den Propheten nicht sterben lässt, nachdem der Kaiser ihn zurückgelassen hat. Beides ist aber in der narrativen Interpretation völlig einleuchtend: Die Veiled Woman als Abbild der Entwickler und speziell der Entwickler von Enderal startet den Zyklus für den Spieler (eine extrinisische Begründung, die der arme Black Guardian als NPC nicht nachvollziehen kann) und verhält sich in Enderal eben anders, genau weil die Entwickler von Enderal sich anders verhalten als andere Entwickler: Sie machen den Zyklus offensichtlich und geben uns die Chance ihn zu durchbrechen.

Genug aber der Vorrede, und zur Sache:

Traumblumenelixir:
Ich finde es unplausibel, dass das Ende in Qyra ein Traum (im Gegensatz zur erzählten Realität) sein soll: Die These beruht nur auf Yuslan's Einlassungen zum Dreamflower Elixir, die anzuzweifeln sind.
A) gibt er selbst zu, keine empirischen Daten zu haben, sondern nur eigene Spekulationen.
B) gibt es die Berichte von Skaragg Kriegern, die das Elixir als Belohnung bekommen. Die Skaraggs würden wohl kaum ihre besten Krieger in ein Koma versetzen wollen. Denn egal, wie es der Einnehmende danach erlebt, der Rest des Stammes würde ihn danach ja als im Koma liegend sehen.
C) passieren nach Einnahme des Elixirs eigentlich nur noch Dinge, die der Prophet/Spieler sich eben nicht in einer Traumwelt herbeiwünschen würde.
Daher bleibt nur die Interpretation, dass das Elixir schlicht und einfach in einem kritischen Moment das Eintreten einer günstigen Eventualität bewirkt. Vielleicht hat es auch gar keinen Einfluss auf die Eventualitäten und der Prophet hat in diesem Ende schlicht Glück, oder ist als arguably mächtigster Charakter der Spielwelt schlicht der mit der höchsten Überlebenswahrscheinlichkeit.

Traum eines Sterbenden:
Die These, dass das ganze Spiel nur der Traum des Protagonisten ist, erlebt im ewig verlängerten Augenblick, kurz bevor er in der Roten See ertrinkt, ist weder be- noch widerlegbar. Dies trifft natürlich auf alles bewusste Erleben, auch unser eigenes "reales" Erleben zu. Diese Frage ist aber letztlich im reinsten Sinne metaphysisch und damit irrelevant (wie alle Metaphysik): Wir können die Antwort in keinem Fall ermitteln, weil wir der Subjektivität unseres Erlebens nicht entrinnen können, und wenn wir die Antwort erführen, hätte sie keine Auswirkung auf uns, weil wir keine sinnvollen Konsequenzen daraus ziehen können.
Es ist ein interessanter Gedanke, aber letztlich keiner, der Einfluss auf das Spiel oder unser Leben überhaupt hat/haben sollte.

Fleischlosigkeit:
Ich denke, dass die "Fleischlosigkeit" des Propheten nicht allzu wörtlich zu nehmen ist. Mit Sicherheit ist der Prophet keine Illusion oder Phantasma, sondern ein Lebewesen aus Fleisch und Blut: Er kann durch körperliche Verletzungen sterben, erkranken, sich heilen lassen, essen, trinken, Sex haben. Sein Kröper verhält sich in allen messbaren Belangen genau wie ein "realer" Körper und ist damit einer: If it walks like a duck and quacks like a duck ...
Dass die Leiche im Tempel unsere eigene (echte) ist, halte ich für unplausibel. Zum einen ist mir kein Meeresarm an der Westküste Enderals aufgefallen, der bis unter den Tempel reichen würde, zum anderen erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass die beiden Körper zusammen in ein verfallenes Haus gespült werden und dann da ordentlich nebeneinander liegen. Vielmehr ist das wohl eine gezielte Illusion des Tempels, die zwar auf etwas reales anspielt (nämlich, dass der Prophet zwischendurch durchaus tot war), aber selbst im Rahmen der erzählten Realität nicht real ist.

Da das Spiel ohnehin einer starken Körper/Geist Trennung das Wort redet und an mehreren Beispielen (Experimente des Vaters mit Seelen-Übertragung, Übertragung des Geists in einen Maschinen Avatar beim Black Guardian und Pahtira) deutlich macht, dass Identität als ausschließlich an Seele/Geist gekoppelt angesehen wird, während der Körper nur eine Hülle ist, denke ich, dass es ohnehin von geringerer Wichtigkeit ist, ob der Körper zwiscendurch tot war. Die "Erschaffung" des Propheten durch die High Ones ist dann eher die Wiederbelebung mit zusätzlichen geistigen Fähigkeiten, im soeben gestorbenen Körper, basierend auf der Projektion des unerfüllten Wunsches. Auch Jespar stirbt zwischendurch und wird von der Veiled Woman wiederbelebt, ohne dass wir an seiner Identität als Jespar danach zweifeln würden.
Als letztes Argument dafür, dass der Prophet kein bloßes Phantasma ist, sondern ein "realer" Mensch aus Fleisch und Blut, mag gelten, dass auch er von der Läuterung bedroht ist. Diese bedroht aber nach Aussage des Black Guardian nur organisches Leben.

Summa summarum droht das Spiel zwar an einigen Stellen an den Fiktionsvertrag zu brechen, indem alles bisher erlebte selbst in der erzählten Realität zum bloßen Traum erklärt würde, tut dies aber nur intrinsisch durch Aussagen ebenso fehlbarer Charaktere, die irren können, und nicht explizit und endgültig (wie wenn ein allwissender Erzähler aus dem Off uns mitteilen würde, alles sei nur ein Traum gewesen.) Dadurch schaffen sie eine sehr interessante Spannung, in der man die Ränke der High Ones (intrinsisch) bzw. die Kniffe der Erzähler/Entwickler (extrinsisch) ständig argwöhnisch beäugt, ohne von einem plumpen "alles nur ein Traum!" aus der fesselnden Immersion der Erzählung katapultiert zu werden. Brilliant gelöst!

Interessant finde ich insgesamt, dass ein so starker Körper-Geist Dualismus im Spiel vorherrscht, sowohl im Hauptquest als auch der Rhalata Nebenquestreihe. Die Einstellung des Spiels ist damit sehr viel näher an gnostisch-religiösen Vorstellungen (siehe bspw. Katharer, Manichäer) als - bemerkenswerterweise - sowohl am Christentum (Auferstehung des Leibes!) als auch dem modernen materialistischen Atheismus (Sartre: Ich habe nicht einen Körper, ich bin mein Körper.)
Insbesondere die Rhalata erinnern mich sehr an die mittelalterlichen Katharer mit ihrer Ablehnung alles Irdischen als bloßem Gefängnis, dessen Annehmlichkeiten (Essen, Trinken, Schlafen, Sex) nur vom Demiurg erschaffen seien, um uns hier zu binden.
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