Allerdings war ich nachträglich sehr unglücklich darüber, wie ich Tealor geantwortet hatte. Die Optionen schienen mir beide blöd. Das eine war mir zu sehr Moralapostel-Getue ("ABER DENK DOCH AN DIE MENSCHEN, TEALOR!!!!") und hat bei mir irgendwie eine Aversion ausgelöst, das andere erschloss sich mir logisch einfach nicht ("Häh, wieso sollen wir das jetz machen, Tealor? Es is vorbei, gelaufen, Ende im Gelände. Jetzt noch alle in die Luft zu sprengen klingt doch nicht vernünftig."). Ich hab mich dann für die Spreng-Option entschlossen und es im Nachhinein sehr bedauert, weil ich ihn eigentlich auch noch dazu ermutigt habe den Untergang einzuleiten. Aber eben nicht weil ich seine Idee für gut hielt, sondern schlicht weil mir die andere Option zu blöd formuliert war. Irgendwie ärgerlich und das hat mir dann wegen schlechtem Gewissen auch das Ende vermiest (aber naja, muss ja niemand wissen in der neuen Welt... ).
Ich fand die Vorstellung am Ende sogar sehr schön mit Calia über den Wolken einen Neuanfang zu starten. Hatte etwas beruhigendes, einfach schönes an sich. Auch die Zeile "Jetzt liegt es an uns." war zusammen mit der einsetzenden Musik zum Abschluß eigentlich schön eingeflochten. Ich hätte mir dafür ruhig noch mehr Dialog an der Stelle gewünscht. Es war doch irgendwie ein sehr knappes Ende. Auch schon beim letzten Besuch des Sonnentempels (nur Jasper und Tealor ansprechbar). Gerade am Ende ist doch immer die Zeit für rührende Gespräche.
Ich finde es eher ein wenig bedauerlich, dass die andere Option (sich für das Bestehende zu opfern) mich irgendwie nicht so richtig tangieren wollte. Die Entscheidung am Ende fiel mir relativ leicht. Habe bisher auch sonst im Forum hier nur Leute von dem Sternenstadt-Ende reden sehen. Die andere Option mochte - nehme ich mal an - generell nicht so zu überzeugen, es gab nicht genug Motivation für sie. Bei DragonAge:Origins sah das z.B. ganz anders aus. Gut, dafür hatten dort dann die dritte und die vierte Option, nämlich die Hexe zwangsbegatten zu lassen oder den "bösen" Kerl zu opfern, auch etwas arg befremdliches und wenig motivierendes an sich. Aber man hatte wenigstens bei der ersten Option das Gefühl, dass sich zu opfern das Richtige sei und auch etwas bewirkt. Auch die zweite Option hatte zumindest einen gewissen Reiz durch die Beziehung zur Hexe erhalten. Fühlte sich schon eher nach Entscheidung an.
Ich hab das Ende übrigens auch nicht kommen sehen, obwohl ich auch schon die ganze Zeit so ein paar offene Fragen und Bauchgefühle hatte, dass etwas unstimmig ist. Ich fand es dann eigentlich klasse überrumpelt zu werden. Dadurch, denke ich, kam die Ansprache vom Schwarzen Wächter dann auch viel interessanter an und hatte mich sehr begeistert.
Da kann ich mir einen Kommentar doch nicht verkneifen. Kann es sein, dass die immer schlechtere Welt-Lage hier bei den Machern eine Rolle gespielt hat? Teilweise hatte ich das Gefühl einem "Social Justice Warrior" Werbespiel zuzusehen. Gier und Streit sind böse, Fleisch essen ist böse, Religion ist böse, Heldentum ist böse (was Jespar dauernd sagt). Man bekommt ja doch reichlich eine ganz bestimmte Welt-Sicht aufgetischt, grundlegend nihlistisch (nichts hat einen Sinn) und teilweise sehr nach "Gutmenschentum" ausschauend. Es ist Machern natürlich unbenommen, in ihren Spielen "Lehren zu erteilen", gerne habe ich das in Spielen aber jetzt nicht unbedingt.Die Aussagen beissen sich aber imho auch ein wenig. Der Idealtypus von SJW glaubt doch ein Patentrezept zu haben, wie er die Welt "retten" kann aufgrund seines guten Herzens. Da hätte Jasper eher dem Idealismus das Wort reden müssen anstatt zu schimpfen. Das mit dem Fleisch find ich auch ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Ich fand die ganze Fleischgeschichte aber ehrlich gesagt auch ziemlich irritierend und schlicht blöd (mir leuchtet immer noch nicht ein, was das jetzt eigentlich mit der Story zu tun hat).
Es gab zwar Stellen an denen mich auch das Gefühl einer Missionierung beschlich, aber im Großen und Ganzen würde ich Enderal in der Richtung eigentlich keinen Vorwurf machen. Spiel mal DragonAge:Inquisition, das ist viel schlimmer. Da wird man in einer Fantasy-Umgebung z.B. über die Leiden von Transgender-Menschen belehrt. War aber trotzdem ein schönes Spielerlebnis, wenn man mal von den gequälten, aufgezwungenen Dialogen absieht.