(Stand: Hier geht es um das Ende von Enderal, wie es bei Release in 2016, also vor dem für 2017 angekündigten DLC präsentiert wurde.)
Ich frage mich, welches End-Szenario für die Menschheit die besten Chancen bietet. Beide vom Spiel angebotenen Enden finde ich auf ihre eigene Weise herzzerreißend, je nachdem, wie sehr man als Spieler Empathie aufbringt und sich von der Story gefangen nehmen lässt. Für mich ist am schlimmsten und zugleich am genialsten: In jedem Gedankenspiel gibt es unbefriedigende und offene Punkte. Was ich hier zusammengetragen habe, zeigt: ich weiß gar nichts und nutze die Möglichkeit, die Enden selbst auszulegen und mir die Zukunft auszumalen – und in den Vorstellungen anderer will ich mir nicht anmaßen, drin rumzupfuschen. Ich versuche nur mal, meine Gedanken zu sortieren und meiner Verwirrung Herr zu werden mit dem Hintergedanken, irgendwie eine Tendenz rauszufinden, mit welchem Ende die ingame-Menschheit die besseren Karten haben könnte.
Achtung: langer, stellenweise stark subjektiver Post, der sicherlich auch Logikfehler und Widersprüche enthält.
Leuchtfeuer-Ende
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- Hier wird das bereits brennende Leuchtfeuer vom MC zerstört, bevor die „Hohen“ das Bewusstsein aller höheren Organismen schlucken können. Enderal ist aber ziemlich jenseits der Rettung und von den umliegenden Reichen wird stark angenommen, dass hier die Menschheit die nächste Läuterung auch wieder selbst herbeiführen wird. Unsere einzige Hoffnung: Unser Gefährte (Jespar / Calia) unterrichtet jene Gesellschaften von der wahren Gefahr hinter der Läuterung und bringt sie dazu, sie zu verhindern (diesmal wirklich).
Was kann der Überlebende also tun? Die Vernichtung der „Hohen“ nach ihren eigenen Regeln herbeiführen? Hierzu bräuchte man den leider abhandenen Numinos (also Wort der Toten + „Hohen“-Essenz) und die gleiche Art schwarze Steine, wie sie vom MC erst herangeschafft und dann zerdeppert werden, ohne dass er etwas Tieferes über die Natur dieser Steine erfährt. Diese Zutaten aufzutreiben ist, wenn überhaupt, eine ziemlich aussichtslose Sache, solange die „Hohen“ nicht auf ihre charmante Weise nachhelfen. Erschwerend kommt hinzu: Fürs Füllen eines neuen Numinos bräuchte man einen Propheten, der aber nur auftaucht, wenn die Läuterung kurz bevorsteht. Es wird also zwangsläufig mal wieder knapp.
Das Aktivieren des Leuchtfeuers ohne den Numinos führt zur Läuterung. Dies führt zur Frage, ob die „Hohen“ uns tatsächlich nicht angelogen haben und das Feuerwerk mit Numinos nun doch wirklich ihre Macht außerhalb der Menschenköpfe annulliert. Leider hat genau dieses Bemühen ja bisher immer die Läuterung eingeleitet und würde es – den Regeln der universellen Schweinerei folgend – wahrscheinlich wieder tun. Die „Hohen“ sind scheinbar wohlgenährt und mächtig genug, um diese Abfolge immer wieder herbeizuführen. Kein Wunder, dass sie Experten der Manipulation von genau der eigentlich bewussten, mit einem Schleier bedeckten Bewusstseinspampe sind, aus der sie selbst irgendwie bestehen. Dieser Macht steht nur entgegen, dass unser Begleiter aufgeklärt ist und als einziger einen Plan hat, was (nach seinem Wissensstand) Sache ist.
Ein „Hohe“izid scheint schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Eine andere Möglichkeit zum Bezweingen der „Hohen“ wäre, durch Aufklärung die Untätigkeit derer herbeizuführen, die sonst eine Läuterung auslösen würden. Aber kann Jespar / Calia es eigentlich schaffen, den Herrschern aller anderen Länder und aller nachfolgenden Gesellschaften den Kopf zurecht zu rücken, ohne selbst den Zyklus unwillentlich voranzuteiben?
Erstens (positiv): Motivation
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- Sie sind beide sehr komplexe, mit sich selbst im Unreinen befindliche Charaktere, als wir sie kennenlernen. Durch die Verfolgung der Gefährten-Quests hilft der MC ihnen, mit sich selbst (zumindest etwas) ins Reine zu kommen. Gerade bei der Romance gibt die Verbundenheit zum MC ihnen nach meiner Auffassung etwas Vertrauen in die Menschheit wieder. Unser Selbstopfer könnte sie in der Sichtweise bestärken, dass die Menschheit ihr Gutes hat - schließlich wissen sie von ihrer Seite der Beziehung aus, was der MC aufzugeben bereit ist und vertrauen dessen Urteil. Das könnte ihnen genau die Art Stärke geben, die ein hoffnungsvolles Weiterleben und –kämpfen ihnen abverlangen wird (meine subjektive und kitschige Sichtweise dazu...).
Hierbei wird davon ausgegangen, dass das Opfer des MC etwas Heroisches ist; nicht dass es der leichtere Ausweg für unsere von Träumen geplagte fleischlose Hülle ist, die sich nach einem Flammentod und lange vergangenen Familien-Barbecues verzehrt.
Ein verwandter Gedanke: Wir hatten keine andere Wahl als Aixom (ein Teil unseres Unterbewusstseins, unser altes Ich oder etwas anderes?) umzubringen, um uns aus dem im Kreis verlaufenden Kerker zu befreien. Dies kann man natürlich auch in alle möglichen Richtungen interpretieren, doch es könnte vielleicht als Anspielung darauf verstanden werden, dass wir uns oder einen Teil unserer selbst töten müssen, um weiterzukommen.
(-> Worüber ich keinen Plan habe: Wenn man bei keinem der beiden Begleiter wirklich Sympathie sammelt und die Gefährten-Quests versemmelt, nehmen sie dann überhaupt die Rolle des Übermittlers der „wahren“ Bedrohung ein oder bringt das Leuchtfeuer-Ende die absoluten Katastrophe ohne die kleinste Hoffnung für die noch lebenden Lebewesen?)
Zweitens (neutral): Eine große Philosophin sagte einst, dass jeder Wandel mit einem Moment der Klarsicht beginnt.
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- Die „Hohen“ selbst sind sehr abstrakte Entitäten und ihr zukünftiges Handeln können wir nur erahnen. Sie müssen durch die teilweise Durchkreuzung ihrer Pläne sicherlich die Konsequenz ziehen, in Zukunft irgendetwas anders zu machen. Oder sind sie selber nicht dazu in der Lage, sich aus ihrem persönlichen Zyklus zu befreien? Wenn man davon ausgeht, dass das Abbrechen der kompletten Läuterung Enderals wirklich den Plänen der „Hohen“ zuwiderläuft und nicht AUCH NOCH Teil ihrer Pläne ist (aber irgendwo müssen die Bastarde doch auch mal aufhören, Schachzüge vorherzusehen… oder nicht?… ahhhgottdiesespiel).
Die Läuterung wurde abgebrochen - zukünftige vielleicht ebenfalls, wenn die Menschheit dank unseres Begleiters mal nicht versagt - und niemand weiß, wie sich das auf die „Hohen“ auswirkt. Was zu gut wäre, um wahr zu sein: Vielleicht „verhungern“ sie jetzt ganz von alleine. Wer weiß, wie der Metabolismus von so einem Ding funktioniert. Vielleicht verrecken die ja von ganz alleine, wenn sie eine Mahlzeit auslassen? Vielleicht erreichen sie aber auch einen Status, in dem sie wirklich, wirklich dringend ein Snicker‘s benötigen und platzen in Gestalt von Grauen Männern und RTL-Sendungen einfach mal in die nahesten Dimensionen, um der Menschheit dort das Bewusstsein wegzumampfen… *schluck*
Drittens (negativ): Ressourcen und Grenzen von Jespar / Calia
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- Unsere Gefährten sind zwar als Überlebende der Läuterung glaubwürdig, aber bisher trotzdem nur kleine Figuren ohne besonderen politischen Einfluss. Es ist also fraglich, ob sie bei allen guten Absichten die Möglichkeit haben, sich bei Gegenwind durchzusetzen. Dabei sind sie beide besonders: Calia hat ihren Engel, der ist jedoch als Hilfsmittel fraglich und ebenso sehr Last wie Macht. Jespar ist möglicherweise auch kein Bauer auf dem Spielbrett mehr (er wurde ja wie der MC von der Schleierdame wiederbelebt). Wer weiß schon, ob ihn das nicht in unsere Schuhe steckt: Er könnte (ebenso wie Calia natürlich) in die gleichen Muster aus Fremdbestimmung fallen, die sich die „Hohen“ bei allen Menschen zu Nutze machen.
Was noch schwerer wiegt: Möglicherweise ist das Beste, was der überlebende Gefährte erreichen könnte, ist ein immer weiteres Aufschieben der Läuterung. Sogar wenn Jespar / Calia alterslos sind (oder wären, wem das lieber ist), müssten sie in dem Fall, dass sich die „Hohen“ nicht per Leuchtfeuer vernichten lassen, erstens überleben und zweitens dafür sorgen, dass über Generationen hinweg immer wieder einflussreiche Menschen die Wahrheit kennen und die Läuterung abermals aufschieben. Sie müssen ihr Leben in den Dienst einer sehr großen und frustrierenden Aufgabe stellen, indem sie eigentlich einen neuen Zyklus des Aufschiebens und Nichtstuns einleiten … eher fraglich, ob das ohne Hochmut und falschen Götterstatus zu schaffen ist. Gerade Quest-liebende Gamer sollten das Paradox von Untätigkeit ohne dabei allen Einfluss aufzugeben nachvollziehen können. Es besteht vielleicht Hoffnung, dass dem jeweiligen Gefährten dabei Entitäten wie die Schleierlady und vielleicht der alte Mann (wenn der denn nun noch lebt und nicht nur seine Frau im Goldfischtank im Sinn hat) unter die Arme greifen, denn die scheinen ja irgendwie die Vernichtung der „Hohen“ zu befürworten.
Sternenstadt-Ende
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- Der MC kommt in die wie ausgestorben wirkende Sternenstadt und hat (laut dem vertrauenswürdigen Goliath) dort oben die Möglichkeit, die Läuterung zu überleben und sich als neue „Gottheit“ aufzuschwingen. Als solche soll er/sie/es den Menschen der kommenden Zivilisation(en) den Glauben an die „Hohen“ nehmen und zukünftige Läuterungen so zu verhindern.
Das Spiel macht uns glauben, dass es in weiter Zukunft, aber dennoch zu Lebzeiten des (unsterblichen) MCs eine neue Zivilisation geben wird. Nachdem die Menschheit und andere höhere Organismen ausgelöscht wurden, wo sollen denn die neuen, geläuterten und unbefleckten Generationen herkommen? Irgendeine Instanz, die etwas davon hat, muss wohl dafür sorgen, dass neues Leben entsteht: die „Hohen“ hätten mit Sicherheit eine einleuchtende Motivation, ihr Schlachtvieh neu anzusiedeln. Vielleicht handeln hier aber auch diejenigen, die noch über ihnen in der Chefetage sitzen - Stichwort verschleierte Frau. Oder aber das Ganze ist Humbug, den uns der rostverpestete Goliath auftischt, und nach der Läuterung der jetzigen Menschheit tritt ganz normale, ehrliche Evolution ein und wir sitzen oben auf unserem Sternenstein und schauen den Pflanzen, dem Gewürm und allem, was ein für die Essgewohnheiten der „Hohen“ wertloses Bewusstsein hat, beim Wachsen zu. Weil das aber so langweilig ist, gehe ich mal unreflektiert von der Sache mit der seltsamen, fantastischen neuen Zivilisation mittels der von Goliath beschriebenen (und somit eh schon eher fragwürdigen) Menschheits-Evolution aus. An dieser neuen Zivilisation darf der MC nun herumdoktern und ihnen den Glauben an die Hohen austreiben.
Erstens (negativ): Ideen bluten nicht, sie fühlen keinen Schmerz
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- Die neue Menschheit gegen die „Hohen“ zu immunisieren, setzt voraus, dass nicht nur ein Glaube, eine Idee, sondern auch das, was in jedem Menschen als „verschleierte Seite“ ihrer Persönlichkeit impliziert wird, ausgemerzt wird… aber wären Menschen dann noch Menschen und nicht nur noch Fleischlose oder seelenlose Hüllen ohne eigene Meinung wie in der von Ryneus geschaffenen Scheingemeinschaft in Silberhain? Ein von außen aufgedrücktes Ausmerzen der „schlechten“ Dinge in den Geistern der Menschen könnte man doch eigentlich…. na ja, als „Läuterung“ bezeichnen, oder…?
Zweitens (negativ): Hybris
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- Erinnern wir uns an die Aussage des alten Mannes Gajus: „Mein Stolz war mein Fall“. Man könnte dies als Hinweis verstehen, dass die Idee, sich selbst als Gott zu deklarieren, insgesamt eher ‚meh‘ ist (siehe Vorgeschichte, Sturz der falschen Götter...). Den offensichtlich platzierten Brief in seinem Arbeitszimmer richtet er in brüderlichem Ton an eine unbekannte Instanz (uns, den MC? Oder gar aufgeklärten MC im wiederholten Run? [btw: Die einzige andere Person, die den MC deutlich als „Bruder“ bezeichnet, ist, schätze ich Ryneus… hab irgendwo die Theorie gelesen, das alle drei dieselbe Person sind]). Zu hoffen ist, dass der alte Mann den MC mal tatsächlich nicht (nur) manipulieren will, sondern es wirklich gut mit uns meint. Vielleicht. Wäre doch schön. Ein bisschen idealistisch sollte er sein, denn seine Frau im Wassertank meint immerhin, sie glaube noch immer an „den Traum“ … wobei Träume ja so eine Sache sind … hoffentlich meint sie nicht den Alptraum vom fleischfressenden Vati (sehr interessant hierzu ist der Thread „Reneyus und Gajus“).
Langer Rede kurzer Sinn: Wir wollen nicht so enden wie einer, der aus Hochmut und Stolz vielleicht wortwörtlich aus der Stadt in den Wolken auf die Erde gefallen ist (dass ein Zusammenhang zwischen Gajus und der leeren Sternenstadt besteht, ist reine Spekulation). Dass die Gefahr dazu besteht, impliziert etwa das Verhalten der anderen Boten.
Drittens (neutral): Wir müssen nur entscheiden, was wir mit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben ist
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- Der MC und sein Begleiter haben viel Zeit. Zumindest der fleischlose Prophet hat (zumindest lt. Goliath, also einer nicht vertrauenswürdigen Quelle) den Zyklus bereits geändert, denn er lebt. Und nun hat er eine in die Ewigkeit verschobene Deadline, was ihn aber vielleicht in den Wahnsinn treibt (Tealor erzählt uns, dass die Einsamkeit ihn im Gefängnis am meisten quälte… auch wenn man da selbst drauf kommen kann, dass das eher ungeil ist). Ob unsere Begleitung nun alterslose maybellin-jade-Schönheit wie wir bleibt, wissen wir nicht genau: Calia kann Spuren von schwarzen Steinen enthalten; Jespar könnte als wiederbelebte Leiche ähnlich aus dem normalen Altern gerissen sein … was beides nicht unbedingt etwas Gutes sein muss. Blöd nur: Rein spekulativ muss man da oben doch irgendwann eine Klatsche kriegen. Zudem wissen wir nicht, was die Sternenstadt am Laufen hält und ob morgen nicht schon der Akku leer ist (wirft interessante Ansätze über den Zusammenhang Energie-Seelen-„Hohe“=Sternlinege auf...).
Und was passiert unten auf der "irdischen" Welt?
Wenn die beschriebene magische Zeitraffer-Evolution abläuft, wie Goliath es darstellt (erst die einfacheren und dann die höheren Lebewesen) folgt eine Evolution, die - ganz zufällig - wieder Humanoide hervorbringt. Hier nimmt als eine schon sehr… zielgerichtete Naturgewalt ihren Lauf... oder etwas anderes, z.B. die „Hohen“, die ihren Zyklus vorantreiben. Oder nochmal andere Übergötter; vielleicht die, die den Bockmist mit den „Hohen“ erst angerichtet haben. Oder etwas, was viel näher an der realen Welt angesiedelt ist. Für Darwin wahrscheinlich ein Alptraum, für mich die Grenze meiner Spekulationen darüber, wer oder was die neuen Zivilisationen vorantreibt.
Das Gute an dem Aspekt, dass der MC (und sein Begleiter) Zeit haben: Noch bevor sich die neue Zivilisation entwickelt, könnten wir, wenn wir schon die geringst-möglice Eventualität sind, doch gleich auf der frisch geläuterten Erde alle Leuchtfeuer auftreiben und vernichten. Gefährlich wären Expeditionen nach unten vor allem für den Begleiter … wer weiß, wie lange Leuchtfeuer-Fallout durch die Atmosphäre wabert?
Denkbar wäre auch, dass der MC es schafft, die „Hohen“ jetzt mittels eines neuen Leuchtfeuers + Numinos von außerhalb des Zyklus und in der angeblich sicheren Stadt, wirklich zu grillen. Wenn man davon ausgeht, dass ein Leuchtfeuer dazu in der Lage ist, was ja insgesamt schon sehr fraglich ist. Außerdem ist es eine große Welt und wir sind doch irgendwo nur kleine Fische… wo sollen wir denn die benötigten „Leuchtfeuer-Zutaten“ herkriegen, falls die in Enderal aufgebraucht sein sollten?
Es könnte sein, dass der alte Mann (falls er unser Vorgänger als Prophet sein sollte) noch immer auf einer vergleichbaren Quest befindet („Zerstöre alle Leuchtfeuer*****" oder „Grill die Hohen 6795643.0: Diesmal wirklich*****"), während die „Hohen“ ihn möglicherweise auslachen und ihn heimlich, still und leise weitermanipulieren. Für den MC besteht die Gefahr, ebenso weiterzuvegetieren wie der alte Mann mit seiner Liebsten in der Frischhalte-Verpackung. So appetitlich, dass nicht einmal die „Hohen“ ihr Bewusstsein anrühren.
Viertens (positiv): Wenn ich etwas gelernt habe, dann, dass der Mensch selbst zu seinen Erkenntnissen gelangen muss
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- Achtung, jetzt wird es richtig wirr (tut mir sehr leid).
Das Sternenstadt-Ende enthält in seiner Offenheit das Potential zu einem „kombinierten Ende“ aus den beiden Mainquest-Enden. Wenn der MC mit oder ohne Calia / Jespar die Äonen überdauert, könnte er in seinem eigenen Seelenfrieden einen Mittelweg finden:
Wir retten unseren Partner (was sich positiv auf unser von Schuld-Träumen zerrüttetes Gemüt auswirken sollte), der MC lernt die neue Menschheit von der Wiege an kennen und falls er der Versuchung widersteht, sich zum Gott zu machen, beginnt die Läuterung irgendwann wieder im gewohnten Muster, denn Menschen sind nun mal Menschen. ABER mit einem Unterschied: Hier haben wir den Übermittler der Wahrheit, der selbst ein Prophet ist, vor Ort. Der MC sollte in der besten Position sein, die zukünftigen paar relevanten Menschen zum Nichtstun zu bewegen, ohne die gesamte Menschheit zu unterjochen. Am Ende des Spiels verlässt er zwar mit Hilfe, aber auch aus eigener Kraft den schuldbeladenen Vergangenheitstraum und kann sein eigenes „Verdorbenes“ somit nach meiner Interpretation akzeptieren. Wenn man es so verstehen will, hat er hier aufgehört, an die „Hohen“ zu glauben und brauchte dafür „nur“ eine Auseinandersetzung mit sich selbst, seinen verstorbenen und lebenden Liebsten sowie seinen eigenen dunklen Bewusstseinsebenen. Was der MC nicht brauchte, ist eine falsche Gottheit, die ihm diese Erkenntnis aufzwang. Auch wurde er so oft vor Hochmut und Religionsmissbrauch gewarnt, dass er Zwang als Mittel, der neuen Menschheit zu begegnen, von vornherein ausschließen sollte.
Wie könnte er mit all seiner Überlegenheit der Menschheit stattdessen helfen, die „Hohen“ ebenfalls statt Entitäten einfach als reine Abstrakta und Teil von sich zu akzeptieren? Wahrscheinlich gar nicht, denn diese Erkenntnis muss aus jeder einzelnen Person selbst kommen. Vermutlich fällt dem MC hier die Verantwortung zu, sich in Zurückhaltung zu üben, auch wenn es schwer fällt.
Vielleicht ist dies etwas, was den MC so besonders macht, dass die verschleierte Frau ihn und Jespar wiederbelebt: Seine Reise führt den MC an den Mittelweg zwischen Selbst-Vergöttlichung und Selbst-Opferung. Zwar wurde er manipuliert, aber seine Entscheidungen hat er selbst getroffen und seine Entwicklung selbst vollzogen. Seine Erkenntnisse erhöhen die Chancen dafür, dass er (in jedem neuen Zyklus oder reicht einmal?) die relevanten neuen „Boten“ (also gewissermaßen seinesgleichen) erkennt und auf dem Weg zur Läuterung abfängt.
Das wäre jedenfalls ideal. Für mich wäre es auch ok, wenn er jedes neue Leuchtfeuer vermint und im richtigen Moment hochgehen lässt oder den jeweiligen Beteiligten ordentlich eins auf die Mütze gibt oder oder oder...
Dem MC werden die Mittel (z.B. auch die freischaltbaren Erinnerungen, die nicht nur ein Menü, sondern ein Storyelement sind) gegeben, nach freier Wahlmöglichkeit zu diesem Ende, dem unwahrscheinlichsten aller eventuellen Enden, zu kommen und in Zukunft über die Läuterung(en) zu wachen, ohne sich über andere aufzuschwingen. Irgendeine höhere Macht (verschleierte Frau? Gajus, falls dieser nicht „nur“ ein gescheiterter Prophet ist?) ebnet uns zumindest in gewisser Hinsicht den Weg hierfür bzw. gibt uns alle nötigen Werkzeuge an die Hand und lässt uns dann entscheiden, was wir damit machen. Da der MC nicht mal genau weiß, was die Folgen einer verhinderten Läuterung oder gar der erfolgreichen Vernichtung der Hohen sind – oder ob selbst dies noch Teil des Zyklus ist – kann er nur seinem Gewissen gemäß handeln.
Mehr noch als die anderen Punkte ist dies natürlich ein haltloses Gedankenspiel, denn es wird ja schon eher impliziert, dass der MC eine neue Gottheit wird. Die Theorie idealisiert den MC stark und entsammt sicherlich meinem Bedürfnis nach einem befriedigenden Ende...
… aber warum zur Hölle nicht.
Kein Ende des Spiels: NewGame+ not found ;(
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- Man erreicht es, indem man einfach aufhört, die Main Quest zu verfolgen und sich mit dem schönen Zustand des Abwartens, Nebenquestens und schließlich des Nichtstuns ergibt. Auf diese Weise entwickelt sich weder der MC noch die Welt um ihn herum über einen bestimmten Punkt hinaus, aber auch der Zyklus der Läuterung ist ingame effektiv abgebrochen – wenn man annimmt, dass der Abbruch die ingame-Figuren einfriert oder ihnen andere Wege als die des Spiels gibt, etwa ein friedliches Leben fernab von Ark. Ohne die vom Spiel vorgegeben Taten des MC kommt das Leuchtfeuer ja nicht zustande. Es kehrt also Stillstand für Enderals Leuchtfeuer-Geschehnisse ein, aber auch für den realen Spieler, der sich irgendwann, wenn auch die letzte Eispranke gesammelt und der letze Fisch… äh, Dungeon ausgeschlachtet wurde, wieder anderen Dingen zuwenden wird.
(Jetzt werde ich sehr bewertend und gebe meinen eigenen Senf dazu.)
Dieses „Nicht-Ende“ basiert auf dem Prinzip „Ich glaube daran, also ist es (für mich) so“. In meinen Augen der perfekteste, subtilste und tiefsinnigste Bruch der vierten Wand, der einem Spieler (nicht) von einem Spiel präsentiert wird. Und dabei ist dieses Ende irgendwo genauso schwer verdaulich wie die beiden tatsächlichen Spielenden; vor allem, da man diese Option doch eigentlich nur bewusst wählen kann, wenn man das Spiel, den Zyklus, die Verluste durch die Läuterung usw. bereits einmal durchlebt hat. Boom. Da sitzt man nun also vorm PC und ist sich dessen bewusst, dass der MC fleischlos ist und was passieren wird, wenn man voranschreitet usw.
Vielleicht macht gerade das den MC für den Player jetzt in einem anderen Sinne fleischlos. Wenn ich, der Spieler, jetzt im RL aufgeklärt bin, sehe ich mit anderen Augen, wie die „Hohen“ aus eigennützigen Motiven wiederholt auf die Läuterung zugehen. Ich werde gerade durch meine Erlebnisse und Erkenntnisse fast selbst zu einer verschleierten Eminenz des Spiels. Nur durch Untätigkeit oder ein Aufgeben, das dem Ego gar nicht gut schmeckt, also das Nichtverfolgen der Mainquest kann ich die Katastrophe verhindern. Damit würde ich zwar mein eigenes Spielvergnügen opfern, mir und den Spielfiguren aber auch Schmerz ersparen.
Noch stärker als bei den tatsächlichen Enden steckt hier in meinen Augen die Bodenlosigkeit des Meisterwerkes Enderal, da der Spieler, wenn er sich denn darauf einlässt, eine RL-Entscheidung für sein eigenes echtes Handeln treffen muss, die irgendwie auch Story-Relevanz hat. Finde den Gedanken haarsträubend.
(Würde mich mal interessieren, ob die Devs das Muster „Zyklus durchbrechen durch Nichtstun“ bewusst auf diese Auslegung abgezielt haben oder ob die wahnsinnig runde Story diesen Auswuchs von selbst gebildet hat.)
Falls sich wirklich jemand das alles durchliest, danke!
Bin sehr neu im Forum und habe noch nicht alles gewälzt, was für diesen Post vielleicht relevant wäre. Neue Theorien driften hier ja auf jeder Seite durch die Gegend, etwa zur Beziehung Sternlinge-„Hohe“, was es mit den geheimnisvollen Figuren wie Aixom auf sich hat, ob man als Mensch den Zyklus überhaupt je ändern kann....
Natürlich würde ich mich sehr über eure Meinungen, Feedback und weitere Anregungen freuen, und, oh richtig, tut mir leid, dass ich es so ausgewälzt habe. Hab den Text als Übersicht für mich selbst verfasst und ihn dann erst in teilbare Form gebracht. Das merkt man aber, denke ich, schon daran, dass meine Theorien sowie die Bewertung „positiv“, „neutral“, „negativ“ deutlich durch meine eigenen Wunschvorstellungen geprägt sind, die natürlich nicht mit denen aller hier übereinstimmen können. Das tut mir leid, aber das Aufstellen der Bewertungen ist meine Art, auf ein einigermaßen unbefriedigendes und dabei doch so rundes, schmerzliches, perfektes Spiel(ende) klarzukommen: Zum Teil sehr konstruierte Optionen aufstellen und die für sich wählen, die am besten gefällt.
Favorisiere gerade Sternenstadt-Ende mit unsterblichem Begleiter, mit dem der Main Character zusammen (fleischloser) Mensch bleibt, kein Gott wird und als solcher versucht, die Läuterung(en) der Zukunft aufzuhalten (das ist genau die Art offenes Ende, die ich gerade noch verkraften kann XD)
(Freue mich riesig auf das angekündigte dritte Ende, auch wenn ich Sorgen habe, dass ich dann einen ganzen Roman schreiben muss, um weitere lose Enden aufzudröseln und meinen Kopf wieder frei zu kriegen.
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